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PK ÖÄK zum Regierungsprogramm: Gemeinsam für unsere Gesundheitsversorgung arbeiten!

Viele Punkte im neuen Regierungsprogramm seien positiv, wie etwa zur Prävention und Patientenlenkung, andere geplante Maßnahmen müssten noch konkretisiert und abgestimmt werden.

„Die Versorgungsdefizite im österreichischen Gesundheitssystem werden bekanntlich größer, Stichworte sind hier der Kassenarztmangel, die Personalknappheit in Spitälern, die mitunter langen Wartezeiten auf einen Arzt- oder Operationstermin, etc. Verstärkt wird diese Situation durch das Milliardenloch im Budget und das prognostizierte Defizit der Österreichischen Gesundheitskasse von 900 Millionen Euro im Jahr 2025“, analysierte Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, die aktuelle Lage der österreichischen Versorgungslandschaft: „Es ist erfreulich, dass das Gesundheitsprogramm der neuen Regierung viele Schwachstellen in der österreichischen Gesundheitsversorgung klar benennt und Verbesserungen und Lösungen in Aussicht stellt.“

Dabei greife die neue Regierung vieles auf, das sich mit Positionen der Ärztekammer decke: „Zum Beispiel den überfälligen Ausbau des niedergelassenen und ambulanten Versorgungsangebots, inklusive verbesserter Primärversorgung samt Primärversorgungs-Netzwerken und der Schaffung multidisziplinärer Facharzt-Zentren“, so Steinhart. Auch weitere Erstversorgungsambulanzen zur Spitalsentlastung seien sinnvoll, ebenso wie die in Aussicht gestellten „klaren, verbindlichen qualitätsgesicherten Versorgungspfade“. Auch die Passagen zum Fördern von Prävention und Gesundheitskompetenz, zum Ausbau von Impfprogrammen, zur Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln und der gezielten Anwerbung von Pflegekräften sprächen echte Versorgungsprobleme an. Auch die Teilzeit-Kassenverträge für Wahlärztinnen und Wahlärzte seien vielversprechend. „Das sind nur einige Beispiele für das grundsätzliche gesundheits- und versorgungspolitische Problembewusstsein der neuen Koalitionsregierung. Doch sind im Regierungsprogramm im derzeitigen Stadium viele Programmpunkte und Zielsetzungen zwar auf Überschriftenebene festgehalten, aber noch nicht ausreichend definiert“, merkte Steinhart an. Für eine seriöse Abschätzung der politischen Vorhaben und der geplanten Schritte zu ihrer Umsetzung würden also vielfach noch konkrete Details fehlen. „Hier steht die Ärztekammer mit ihrer Expertise, ihrer Erfahrung und ihren bereits ausgearbeiteten Konzepten der neuen Bundesregierung sehr gerne zur Verfügung und freut sich auf einen konstruktiven Dialog im Sinne der Versorgung der Bürger und Patienten dieses Landes“, so Steinhart.

Verbindliche Patientenlenkung fixieren

Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte (BKAÄ), zeigte sich erfreut, dass im Regierungsprogramm die Versorgung mit verbindlichen und österreichweiten Versorgungspfaden festgehalten sei: „Die Verbindlichkeit der Patientenlenkung ist eine Notwendigkeit für unser Gesundheitssystem und man wird dafür in der Österreichischen Ärztekammer und der Bundeskurie angestellte Ärzte ein offenes Ohr finden und wir werden auch gerne daran mitarbeiten, diese Formulierung zu konkretisieren und so rasch wie möglich auch mit Leben zu füllen“, kommentierte er.

Denn zur Entlastung der überlasteten Spitalsambulanzen, aber auch der überbelasteten Spitalsärztinnen und -ärzte sei eine verbindliche, einheitliche und österreichweite Lenkung der Patientenströme dringend nötig, betonte Mayer. Wie es funktionieren kann, zeige das erfolgreiche Beispiel Niederlande: „Dort kommt niemand ohne Überweisung vom niedergelassenen Arzt in ein Spital. Vielen Menschen kann schon in der Niederlassung optimal geholfen werden. Man muss nur bei Notfällen, speziellen Untersuchungen oder Operationen ins Spital. Wenn wir einen objektiven Behandlungspfad festlegen, werden wir die Spitalsambulanzen massiv entlasten und damit auch Ressourcen für die Gesundheitsversorgung gewinnen. Vieles könnte man vorab aber auch digital klären – zum Beispiel Zeckenbisse“, betonte der BKAÄ-Obmann.

Eine verbindliche Patientenlenkung würde auch verhindern, dass die Menschen nach Belieben die teuersten Bereiche der Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen könnten, egal ob das medizinisch notwendig ist oder nicht, so Mayer: „Das verursacht Kosten in unserem Gesundheitssystem, die überhaupt nicht notwendig sind und die der ohnehin angespannten Budget-Situation widersprechen. Hier könnte also ganz leicht gespart werden und die Regierung hat erste Signale gesetzt, das auszunutzen.“

Positiv sei auch der geplante Bürokratieabbau zu werten. „Unnötige Bürokratie kostet Zeit, die für die Patientenbetreuung dringend erforderlich wäre. Sie ist für Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte in nicht mehr zumutbarer Weise belastend, und sie verringert die Arbeitszufriedenheit. Die Belastung durch Bürokratie nimmt auch nicht ab, sondern tendenziell weiter zu.“ Das habe nicht zuletzt die Ausbildungsevaluierung im Vorjahr gezeigt. Dass hier dringend Abhilfe geschaffen werden müsse, um die Ärztinnen und Ärzte im Land zu halten, liege auf der Hand.

Kamaleyan-Schmied: „Stillstand wäre das Schlimmste“

Naghme Kamaleyan-Schmied, Obmann-Stellvertreterin der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte, zeigte sich froh, „dass wir nach monatelangen Verhandlungen endlich eine neue Bundesregierung haben.“ Denn es sei höchste Zeit, die massiven Probleme in unserem Gesundheitssystem rasch anzugehen. „Stillstand wäre das Schlimmste, was uns passieren kann“, hielt Kamaleyan-Schmied fest. „Die Herausforderungen unseres Gesundheitssystems sind derzeit enorm: Die Honorarverhandlungen sind aufgrund des massiven Budgetdefizits der Österreichischen Gesundheitskasse ins Stocken geraten. Die Wartezeiten für Patientinnen und Patienten steigen weiter. Viele weichen auf den wahlärztlichen Bereich aus, der zu einer unverzichtbaren Stütze unseres Gesundheitssystems geworden ist und die massive Unterfinanzierung und die strukturellen Lücken der Sozialversicherung abfedert.“

Das Regierungsprogramm enthalte einige gute Ansätze, die man aber noch vertiefen und optimieren müsse. Kamaleyan-Schmied nannte hier etwa die Schaffung von Anreizen, um die Bevölkerung zur Vorsorge zu motivieren. Die Verlängerung des Eltern-Kind-Passes bis zum 18. Lebensjahr decke sich mit einer langjährigen Forderung der Ärztekammer.

Zudem sieht Kamaleyan-Schmied darin eine Chance, dass nun zwei Frauen die wichtigen Gesundheitsagenden übernehmen. „Ich freue mich schon sehr auf die ersten Gespräche und habe Hoffnung, dass die Kommunikation verbessert wird und die neue Bundesregierung die Gesundheit der Bevölkerung priorisiert. Wir Ärztinnen und Ärzte wollen gerne ab dem ersten Tag der Legislaturperiode konstruktiv mitarbeiten, damit die Versorgung der Patientinnen und Patienten nicht an Qualität verliert.“

Positiv sei zudem, dass sich die kommende Bundesregierung klar zum solidarischen Gesundheitssystem bekenne und die Wartezeiten verkürzen möchte. Gleichzeitig enthalte das Programm auch kritische Punkte: „Es wird niemanden überraschen, dass wir Zwang und Druck, zum Beispiel im Wahlarzt-Bereich, sehr kritisch sehen. Für viele der Probleme, die dahinterstehen, gibt es bereits Lösungskonzepte der Ärztekammer, die auf Anreize setzen“, sagte Kamaleyan-Schmied: „Die Bundesregierung hat nun die einmalige Chance, einen neuen Kurs einzuschlagen und unser solidarisches Gesundheitssystem für die Zukunft abzusichern. Doch bloß Lücken zu füllen, wird nicht ausreichen – es braucht echte Strukturreformen und die Einbeziehung der Ärztinnen und Ärzte.“

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Johannes Steinhart v.l.n.r. Naghme Kamaleyan-Schmied, Johannes Steinhart, Harald Mayer Johannes Steinhart v.h.n.v. Sascha Bunda, Naghme Kamaleyan-Schmied, Johannes Steinhart, Harald Mayer v.l.n.r. Johannes Steinhart, Harald Mayer Naghme Kamaleyan-Schmied v.l.n.r. Naghme Kamaleyan-Schmied, Johannes Steinhart, Harald Mayer Harald Mayer

Foto Credit: ÖÄK/Katharina Fröschl-Roßboth



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