Disziplinarrat

Der Disziplinarrat ist ein Organ der ÖÄK, das Disziplinarverfahren durchführt und über Disziplinarvergehen entscheidet. Er besteht aus neun Disziplinarkommissionen – eine für jedes Bundesland. Die Zuständigkeit der einzelnen Disziplinarkommissionen ergibt sich grundsätzlich anhand des Berufssitzes/Dienstortes der/des Disziplinarbeschuldigten.

Die Disziplinarkommissionen bestehen aus je einer/einem Vorsitzenden, die/der rechtskundig sein muss sowie aus zwei ärztlichen Beisitzerinnen/Beisitzern (§ 140 ÄrzteG 1998). Diese werden vom Vorstand der ÖÄK bestellt und aufsichtsbehördlich durch die/den für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin/zuständigen Bundesminister genehmigt (§ 195e ÄrzteG 1998).

Allgemeines zum Disziplinarrecht

Ärztinnen und Ärzte unterliegen gemäß § 135 ff Ärztegesetz 1998 einem eigenen Disziplinarrecht. Dieses Disziplinarrecht hat den Zweck, ärztliches Fehlverhalten, insbesondere die Verletzung von Berufspflichten, standesintern zu ahnden. Der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) obliegt im eigenen Wirkungsbereich gemäß § 117b Abs 1 Z 23 Ärztegesetz 1998 die Aufgabe der „disziplinären Verfolgung von Verletzungen der ärztlichen Berufspflichten und von Beeinträchtigungen des Ansehens der Ärzteschaft durch Ärzte einschließlich der Führung eines Disziplinarregisters“.

Disziplinartatbestände

Ärztinnen/Ärzte machen sich gemäß § 136 ÄrzteG 1998 eines Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland

  • das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigen oder
  • die Berufspflichten verletzen, zu deren Einhaltung sie verpflichtet sind.

Disziplinaranwalt

Die Vertretung der Anzeigen beim Disziplinarrat obliegt dem Disziplinaranwalt. Dieser sowie eine Stellvertreterin/ein Stellvertreter für jede Disziplinarkommission sind vom Vorstand der ÖÄK zu bestellen und müssen rechtskundig sein (§ 141 ÄrzteG 1998).

Anzeige und Gang eines Disziplinarverfahrens (§§ 145 ff ÄrzteG 1998)

Alle beim Disziplinarrat, bei den Landesärztekammern oder bei der ÖÄK einlangenden Anzeigen wegen eines Disziplinarvergehens sind zunächst dem Disziplinaranwalt zuzuleiten, der diese einer Prüfung unterzieht. Ist der Disziplinaranwalt der Ansicht, dass weder eine Beeinträchtigung des Standesansehens noch eine Berufspflichtverletzung vorliegt, oder dass eine Verfolgung aus anderen Gründen (zB Verjährung) ausgeschlossen ist, so hat er die Anzeige zurückzulegen. Ist er der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Disziplinarverfolgung vorliegen, so hat er bei der/dem Vorsitzenden der zuständigen Disziplinarkommission die Einleitung des Verfahrens zu beantragen.

Findet die Disziplinarkommission Grund zur Verfolgung der/des Disziplinarbeschuldigten, so hat sie die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu beschließen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Andernfalls hat die Disziplinarkommission einen Rücklegungsbeschluss zu fällen.

Die mündliche (Disziplinar)Verhandlung ist nicht öffentlich. Auf Verlangen der/des Disziplinarbeschuldigten dürfen jedoch drei Personen ihres/seines Vertrauens anwesend sein. Die/Der Disziplinarbeschuldigte kann sich anwaltlich vertreten lassen.

Mit dem in der mündlichen Verhandlung zu verkündenden Erkenntnis ist die/der Disziplinarbeschuldigte freizusprechen oder des ihr/ihm zur Last gelegten Disziplinarvergehens schuldig zu erkennen.

Die/Der Disziplinarbeschuldigte kann gegen dieses Erkenntnis binnen vier Wochen ab Zustellung ein Rechtsmittel an das zuständige Landesverwaltungsgericht erheben.

Disziplinarstrafen

Die in § 139 ÄrzteG 1998 vorgesehenen Disziplinarstrafen sind:

  • der schriftliche Verweis,
  • die Geldstrafe bis zum Betrag von 36.340 Euro,
  • die befristete Untersagung der Berufsausübung,
  • die Streichung aus der Ärzteliste.

Nur im Falle eines Schuldspruchs hat die/der Disziplinarbeschuldigte die Kosten des Disziplinarverfahrens zu tragen. In allen anderen Fällen hat die ÖÄK die Kosten selbst zu tragen.

Anzuwendende Rechtsgrundlagen

Die im ärztlichen Disziplinarrecht anzuwendenden Rechtsgrundlagen finden sich im Ärztegesetz 1998, dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und der Strafprozessordnung (§ 167d ÄrzteG 1998).

Auskünfte zu Disziplinarverfahren und Hinweise für Patientinnen und Patienten

Mitteilungen an die Öffentlichkeit über den Verlauf und die Ergebnisse eines Disziplinarverfahrens, über den Inhalt der Disziplinarakten sowie über den Inhalt einer mündlichen Verhandlung und der Disziplinarentscheidungen sind grundsätzlich gemäß § 194 ÄrzteG 1998 untersagt. Darunter fallen ebenso Auskünfte an die Anzeigerin/den Anzeiger.

Das Disziplinarverfahren ist nicht darauf ausgerichtet, zivilrechtliche Ansprüche (wie zB Schadenersatz) geltend zu machen oder bei Konflikten zwischen Patientin/Patienten und Ärztin/Arzt zu vermitteln.
Dafür wurden die Patientenanwältinnen/-anwälte in den Bundesländern und die Schiedsstellen der Landesärztekammern eingerichtet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine von der Rechtsanwaltskammer eingerichtete „Erste Anwaltliche Auskunft“ in Anspruch zu nehmen.

Disziplinaranzeigen können schriftlich bei der Österreichischen Ärztekammer (per E-Mail an mmmcG9zdEBhZXJ6dGVrYW1tZXIuYXQ= oder mmmZGlzemlwbGluYXJyYXRAYWVyenRla2FtbWVyLmF0 oder postalisch) oder bei jeder Landesärztekammer eingebracht werden. Eine telefonische Einbringung einer Anzeige ist grundsätzlich nicht möglich.